Alltag

Durch eine Krebserkrankung verändert sich auch der Alltag 

Eine Krebserkrankung ist plötzlich da und nichts ist mehr wie es war. Der Alltag verändert sich nicht nur für den Erkrankten, sondern auch für Sie als Angehörige. Sie müssen sich daher auf viele neue Situationen einstellen, denn:

  • Die erkrankte Person kann sich körperlich verändern.
  • Die erkrankte Person kann sich psychisch verändern. 
  • Der Alltag muss neu organisiert werden.
  • Die Belastung für alle Beteiligten nimmt zu. 
  • Die Beziehungen im Berufsleben und im Freundeskreis können sich verschieben. 
  • Die Werte verschieben sich. 

Mehrfachbelastung und Rollentausch

Für Angehörige, Freunde, Kollegen und Bekannte bedeutet ein schwer kranker Mensch, Mehrbelastung. Bedingt durch die Krebsbehandlungen können viele Aufgaben nur mehr eingeschränkt oder vorübergehend gar nicht mehr ausgeführt werden. 

  • Hat Ihr Partner bisher den Haushalt geführt, so müssen jetzt Sie oder andere diese Arbeit übernehmen. Oft findet auch innerhalb des Haushalts eine Art Rollentausch statt:
  • Sie sorgen nun für den Unterhalt und bringen das Geld nach Hause 
  • Sie pflegen jetzt die Eltern, die jahrelang für Sie gesorgt haben
  • Sie halten jetzt das Haus, den Garten instand, weil der erkrankte Partner dieser Arbeit derzeit nicht nachkommen kann

Dabei ergeben sich viele neue Herausforderungen:

  • Wie funktioniert der Staubsauger, die Waschmaschine der Geschirrspüler?
  • Kann ich selbst kochen oder brauche ich eine Alternative?
  • Wie gehe ich mit Finanzen, Behörden, Versicherungen um?
  • Wie komme ich mit der Situation am neuen Arbeitsplatz klar?

Kontrollverlust

Während Sie zusätzliche Arbeit, mehr Verantwortung und neue Aufgaben übernehmen, muss der erkrankte Partner Verantwortung abgeben. Das kann zu einem Identitätsverlust führen: 

  • Wer plötzlich nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst oder der Familie aufzukommen, erlebt das als Demütigung.
  • Wer bisher den Haushalt geführt hat, muss jetzt lernen, Hilfe anzunehmen.
  • Schwierig für alle Beteiligten kann es auch werden, wenn sich ein Elternteil von den eigenen Kindern pflegen lassen muss. 

Veränderung bewusst wahrnehmen 

Der Rollentausch ist für den erkrankten Menschen mit dem Verlust bisheriger Fähigkeiten und Funktionen, mit dem Gefühl des „Ausgeliefertseins“ verbunden. 

In dieser Situation entstehen, durch erhöhte Reizbarkeit und zuwenig Zeit, rasch Konflikte. Möglich ist auch, dass sich Beziehungsprobleme, die schon zuvor bestanden haben, mit dem Ausbruch der Krankheit verstärken. 

Versuchen Sie, die Veränderungen, die sich in Ihrem Alltag ergeben genau zu beschreiben

Folgenden Fragen sollen Ihnen dabei helfen: 

Welche Aufgaben und Verpflichtungen sind neu dazugekommen? 

  • Mehrarbeit im Haushalt, welche?
  • Mehr Verantwortung bei den Kindern, welche?
  • Aufnahme oder Erweiterung der Erwerbstätigkeit?
  • Pflege und Hilfeleistung für den erkrankten Menschen?
  • Häufiger Umgang mit Behörden, Krankenkassen, Versicherungen, Banken, etc.
  • Was muss ich zusätzlich tun?

Was ist seit der Krankheit weggefallen oder hat sich reduziert? 

  • Erwerbstätigkeit
  • Materielle Sicherheit
  • Zeit für die Kinder
  • Zeit für Eltern, Freunde und Bekannte
  • Freizeitbeschäftigung, Hobbys, welche?
  • Freiräume und Erholungsmöglichkeiten, welche?
  • Was kann ich nicht mehr tun?

Was hat sich sonst verändert? 

  • Die Beziehung zum Erkrankten. Wie?
  • Die Gespräche mit meinen Mitmenschen. Wie wie? Mit wen?
  • Mein Einsatz an meinem Arbeitsplatz. In welcher Weise? 
  • Die Beziehung zu Angehörigen, Freunden, Nachbarn: wie? mit wem?
  • Das eigene Selbstwertgefühl. Positiv? Negativ?
  • Zeit für Dinge, die mir wichtig sind. Welche? 
  • Anderes, nämlich?

Schutz vor Überlastung

Auch wenn Sie glauben über unerschöpfliche Energie zu verfügen, werden Sie früher oder später feststellen, dass dies nicht ausreicht

Auch wenn Sie glauben über unerschöpfliche Energie zu verfügen, werden Sie früher oder später feststellen, dass dies nicht ausreicht, um allen Verpflichtungen nachzukommen. 

Die Begleitung und Pflege eines nahestehenden Menschen kann einerseits eine bereichernde Aufgabe sein, andererseits zerrt sie an Ihren Kräften. Dabei können sich Erschöpfungszeichen wie:

anhaltende Müdigkeit, Traurigkeit, körperliche Symptome wie ständige Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Heißhunger, Schlafstörungen etc. bemerkbar machen.

Erschöpfungszeichen wahrnehmen 

Im Idealfall organisieren Sie sich frühzeitig Unterstützung im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis, bevor es zu Erschöpfungssymptomen kommt. 

Vielleicht kommt dennoch der Punkt, wo Sie sich sagen „ich kann nicht mehr“. Gleichzeitig wird Ihnen jedoch bewusst, dass Sie nicht aussteigen können. 

Spätestens in dieser Situation, besser noch vorher, sollten Sie abklären, wie Sie sich entlasten können. Stellen Sie jedoch zuerst fest, was Sie am meisten belastet und wo Sie dringend Unterstützung brauchen.

Mich belasten 

  • Die zusätzlichen Aufgaben
  • Die finanziellen Sorgen
  • Die zusätzlichen Freiräume
  • Die Resignation des kranken Menschen
  • Die Angst, den geliebten Menschen zu verlieren
  • Das Gefühl, mit meinen Sorgen alleine zu sein

Was könnte mich entlasten? 

  • Unterstützung im Haushalt
  • Hilfe bei der Kinderbetreuung 
  • Pflegeunterstützung für den erkrankten Angehörigen 
  • Finanzielle Unterstützung 
  • Psychologische Begleitung
  • Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen, die für mich da sind
  • Anderes, nämlich?

Wenn Sie klarer sehen, wofür Sie Hilfe benötigen, können Sie gezielt Unterstützung organisieren. Folgende Fragen sollen Ihnen dabei helfen:

  • Wer hat mir bereits Unterstützung angeboten?
  • Welche Art der Unterstützung?
  • Wen könnte ich um Unterstützung bitten? 
  • Welche Art der Unterstützung?
  • Wann und wie oft brauche ich Unterstützung?
  • Wie möchte oder wie könnte ich mich für die Unterstützung erkenntlich zeigen? 
  • Was kostet Unterstützung und gibt es dafür Zuschüsse? 

Überbetreuung, Bevormundung 

Erkrankte Menschen sind auf gute Betreuung angewiesen. Dabei besteht jedoch das Risiko, sie übermäßig zu betreuen, sodass sie sich bevormundet und nicht mehr ernst genommen fühlen. 

Das kann zu Konflikten führen, die oft unausgesprochenen bleiben. Da die erkrankte Person spürt, dass Sie es gut meinen, wagt sie nicht einmal das Gutgemeinte abzulehnen. Vielleicht möchte der Krebskranke aber auch alleine sein, oder gewisse Tätigkeiten selbst ausüben, traut sich aber nicht das Auszusprechen. 

Besprechen Sie daher gemeinsam, welche Tätigkeiten die betroffene Person trotz der Erkrankung ausführen möchte und kann. Bleiben Sie dabei flexibel. Je nach Krankheitsverlauf muss die Aufgabenverteilung immer wieder angepasst werden, da sich Möglichkeit und Bedürfnis im Zusammenhang mit der Krebserkrankung laufend verändern. 

Es ist wichtig, dass Sie dem erkrankten Angehörigen mit der gleichen Wertschätzung wie vor der Krankheit gegenübertreten und keine wichtigen Entscheidungen über seinen Kopf hinweg treffen.